Atomgesetz vom 23.12.1959 seit über 50 Jahren ungültig

In dem „Lehr- und Handbuch“ von Hans Schneider zur „Gesetzgebung“ in der Bundesrepublik Deutschland findet sich auf Seite 282 in der Randziffer 475 ein beachtenswerter Satz:

 

„Mehrfach sind Bundesgesetze sogar verfrüht ausgefertigt worden, indem sie nämlich zu einem Zeitpunkt ausgefertigt und sogar verkündet worden sind, an welchem die für den Erlass des Gesetzes notwendige Grundgesetzänderung noch nicht in Kraft getreten war. Ein Beispiel dafür bietet das Atomgesetz vom 23.12.1959 (BGBl. I S. 814). In dem Augenblick, in dem es der Bundespräsident ausfertigte, durfte die Feststellung, das Gesetz sei nach den Grundgesetzes zustande gekommen noch nicht getroffen werden, weil dem Bund die notwendige Gesetzgebungskompetenz fehlte. Sie ist erst durch eine Grundgesetzänderung mit Wirkung vom 01.01.1960 beschafft worden.“

(Fettmarkierung durch SOLARKRITIK.DE)

 

Nicht nur, daß das Atomgesetz der zwingenden Gültigkeitsvorschrift aus dem Grundgesetz nach Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG (Zitiergebot) nicht genügt, sondern dieses Gesetz ist auch ohne die ausdrückliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 74 GG im Dezember 1959 vom damaligen deutschen Bundestag erlassen und vom Bundespräsidenten Heinrich Lübke wider Art. 82 Abs. 1 GG als nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommen unterschrieben und ausgefertigt worden.

Erst mit Wirkung vom 01.01.1960, also erst 8 Tage später, erhielt auch der Bund durch die Grundgesetzergänzung mit Ziffer 11a im Art. 74 GG die für den Erlass des sog. Atomgesetzes verfassungsrechtliche Gesetzgebungskompetenz. Die Grundgesetzergänzung Ziff. 11a in Art. 74 GG lautete damals:

„11a. die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe;”

 

Interessant ist, daß der „Kommentator“ Hans Schneider zum Ende seiner Randziffer 475 auf Seite 282 auch gleich „Ausreden“ liefert, warum der Gesetzgeber so und nicht anders gehandelt hätte, denn Hans Schneider schreibt:

 

„Die entsprechende Unkorrektheit tritt immer wieder auf, wenn Rechtsverordnungen erlassen oder die Neufassungen von Gesetzen bekannt gemacht werden, bevor die dazu erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungen in Kraft getreten sind. Schon 1923 und 1931 sind dergleichen Vorkommnisse bemängelt worden. Der Übereifer erklärt sich aus dem Bestreben nach Rationalisierung durch Zusammenfassung und Rechtsakten, die nacheinander ergehen sollen, obwohl sie sinnverbunden sind.“

 

Diese „Ausreden“, die auch noch aus der Zeit der Weimarer Verfassung stammen, stellen aber keine grundgesetzrelevante Begründungen dar, die dafür sorgen dürfen, daß zwingende Formvorschriften aus dem Grundgesetz aus Bequemlichkeit (von Hans Schneider als angebliche „Rationalisierung“ bezeichnet) des Gesetzgebers ausgehebelt werden dürfen. Denn das heutige Grundgesetz und seine Grundrechte sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat und sind also keine Staatszielbestimmungen mehr, wie noch in der Weimarer Verfassung. Denn es fehlte in der Weimarer Verfassung die Bindewirkung der Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gegenüber den drei Gewalten, wie es der Artikel 1 Abs. 3 GG seit dem 23.05.1949 formuliert und unverbrüchlich im Rahmen der Ewigkeitsgarantie (Artikel 79 GG) verankert worden ist. Das Atomgesetz bleibt deshalb aus den oben genannten Gründen ungültig, denn es gilt der Wortlaut des Gesetzes.

 

Erst zum 01. September 2006 erhielt der Bund gemäß Art. 73 GG durch Einfügen von Ziff. 14 die alleinige Gesetzgebungskompetenz für


“14. die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe.”


Als Fazit ist festzuhalten, dass die gesamte Atomwirtschaft, das Genehmigen und Betreiben von Atomanlagen (Kernkraftwerke ) im Geltungsbereich des Bonner Grundgesetzes als ranghöchste Rechtsnorm der Bundesrepublik Deutschland bis heute auf einem nicht existierenden Atomgesetz vom 23.12.1959 basiert. Das ist der „größte anzunehmende Unfall“ (GAU) für das Atomgesetz.

 

Dass das Atomgesetz darüber hinaus auch noch gegen die zwingende Gültigkeitsvorschrift des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG, dem sog. Zitiergebot, nachträglich unheilbar verstößt, ist nur der guten Ordnung halber noch festzustellen und wurde eingangs erwähnt.

Anstatt zweifelhaften Aktionismus gegen Castor-Transporte zu betreiben, sollten sich die Atomkraftgegner mal mit dem Grundgesetz und dem daraus resultierenden Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat beschäftigen und thematisieren, anstatt sich „als nützliche Idioten“ bei Castor-Transporten auf die Schienen zu legen.

Eine Bundestags-Petition, die die Verletzung des Zitiergebotes wegen der Nichtzitierung von Grundrechtseinschränkungen im Atomgesetz thematisiert und wegen dieser absolut verrbindlichen Gültigkeitsvorschrift aus dem Grundgesetz die Abschaffung des Atomgesetzes und zwangsläufig den Atomausstieg fordert, gibt es seit März 2011 !!

In den Protokollen des Parlamentarischen Rates ist unmissverständlich protokolliert, welche Unverbrüchlichkeit der Grundrechte bis heute durch das Grundgesetz zu existieren hat. Aber das „dumme Volk“ scheint es nicht zu begreifen, wie man einer „wohlgefühlten Parteiendiktatur“ auf Basis des Grundgesetzes die Karten legen kann.

Aber ein Großteil der Anti-Atomaktivisten scheint ja doch lieber weiter gegen Castor-Transporte zu rennen, als sich mal intensiver mit dem Grundgesetz als absolute Rechtsnorm und als Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat zu beschäftigen, an die sich jeder Beamte und Staatsdiener zwingend zu halten hat, damit sich auf Dauer nicht wieder die gleichen Zustände wie von 1933 bis 1945 hochschaukeln.

Der Leser von SOLARKRITIK.DE erkennt hoffentlich an diesem Beitrag, daß SOLARKRITIK.DE in alle Richtungen recherchiert und keinem noch so populärem Mainstream nach dem Mund redet.

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Letztmalig optimiert/ergänzt am Mittwoch, 14. September 2022, 00:43

Informationen über die politisch-motivierten Verfolgungen eines Solarkritikers in Deutschland !!